Geschichte der Familie von Walthausen

Einige Auszüge aus dem Buch von Dr. Max Bär

(erschienen im August Lax Verlag 1929)

2. Die Weldihausen in Welliehausen.

Die älteste Nachricht daß Einwohner aus Welliehausen anderswohin gezogen sind und nach dieser Herkunft auch den Namen geführt haben, findet sich in einer Aufzeichnung der Propstei zu Hameln aus dem Jahre 1400, die aber nur durch eine neuere Abschrift aus dem 18. Jahrhundert überliefert ist. Isti sunt litones praepositurae sancti Bonifacii Hamelensis beginnt jene Niederschrift, in der dann unter dem Orte Hilligsfeld als solche Litonen, d.h. Bauern mit beschränkter Freiheit neben anderen aufgeführt werden: Clawes de Weldehus et uxor et filii eorum morans (!) in Petzen. Tota progenies Dietrich de Bessering. Tota progenies de wedewen in Weldehusen in Lütchen Hilligesfelde (1). Das ist doch wohl so zu verstehen, daß zu den Litonen in Hilligsfeld gehören Klaus von Weldhus und Frau und ihre Söhne, die sich in Pötzen niedergelassen haben, und in Klein Hilligsfeld die ganze Nachkommenschaft der Witwe (Weldehus) in Weldehusen. Es ist wahrscheinlich, daß schon dieser Klaus den Zunamen Weldihusen getragen haben wird. Es ist sicher, daß andere diesen Namen nach dem Orte ihrer Herkunft geführt haben (2). Aber erst spät ist der Nachweis hierfür zu erbringen. Vielleicht ist das zurückzuführen auf die sehr schwache Besiedelung des Ortes. Nach einer Nachricht aus dem Kloster Möllenbeck vom Jahre 1465 ist, wenn nicht der Ort Welliehausen, so, jedenfalls der dortige Besitz des genannten Klosters wüst gewesen, so daß von den dortigen klösterlichen Gerechtsamen nichts ermittelt werden konnte (3).

Der erste Weldihusen, dem wir als in Welliehausen wohnhaft begegnen, ist im Jahre 1530 Kord Weldihusen. Das Rechnungsbuch des Gasthauses (Hospitals) der Stadt Hameln aus den Jahren 1526-1532 führt zum Jahre 1530 die folgende Ausgabe auf: 13 punt vor 3 swyne Hermen Vinken to Bodeke und Corde Weldihusen to Weldihusen (4). *Es ist nicht anzunehmen, daß er der Stammvater war, bis zu dem Propst Anton seine in der Einleitung erwähnte Stammtafel hinaufgeführt hat. Denn wenn sein Sohn Henning beim Erwerb der Braugilde mit Margarete Mügge 1496 oder im nächsten Jahre geheiratet hat, muß der Vater doch wohl mindestens etwa 50 Jahre vorher geboren sein. Unter diesen Umständen wird er bei solchem Alter nicht der Kord gewesen sein, der 1530 im Gasthause zu Hameln Schweine verkauft und auch sicherlich dorthin gebracht hat. Viel wahrscheinlicher ist es, daß dies derselbe Kord ist, dem wir 1554 und wohl schon 1551 begegnen.* Zum letzteren Jahre berichtet nämlich das Rote Buch des Stadtarchives von Münder, daß "Cord Meiger von Wellihusen" unerlaubt in der Münderschen Mark Hopfenstützen gehauen und daß er gefangen gesetzt und nach einigen Tagen freigelassen Urfehde geschworen habe (5). Es ist immerhin wahrscheinlich, daß dieser Meier Kord ein Weldihusen gewesen sein wird, derselbe "Kord Weldihusen" über den sich 1554 die Aufstellung findet, daß er im Jahre zuvor bei dem Einfall des Herzogs Heinrichs des Jüngeren und seines Sohnes Philipp Magnus in das kalenbergische Gebiet durch Fortnahme von Lebensmitteln, barem Gelde und Hausgerät einen Schaden von 33 Gulden erlitten hat (6). Und die Wahrscheinlichkeit, daß der Meierhof in der Hand der Familie gewesen ist, findet eine Stütze durch die Nachricht, daß im Jahre 1562 Tonnies Wellihausen in seiner Trift 123 Schafe und 47 Lämmer gehabt hat. Nur der einzige Vollmeierhof war in der Lage, eine Schafherde zu halten (7). *Bei dieser Sachlage liegt die Annahme nahe, daß der Kord von 1530 und 1554, vielleicht auch der von 1551, ein Sohn und als Besitzer des Hofes wohl der älteste Sohn des Stammvaters Kord gewesen ist, daß er ferner der Vater des Tonnies von 1562 war, und daß der gleich zu erwähnende, dem Tonnies folgende Kord Dreier, auf den später sein vermutlicher Sohn, der Vollmeier Hermann Dreier folgte, als Tonnies Schwiegersohn anzusprechen ist. Erst 1654 wird dann wieder ein Hermann Welliehausen als Vollmeier angeführt.*

Im Jahre 1582, also 20 Jahre nach der Erwähnung des Tonnies, hatte die Lämmerherde eben dieser Kord Dreier, der 1585 als Ackersmann aufgeführt wird und von Johann Matthias und Heinrich Lempke zu Hameln 40 Morgen Land unter dem Pfluge hatte, also den größten Besitz (8). Und 1638 wird ein Hermann Dreier, vermutlich sein Sohn, als Vollmeier aufgeführt (9). Waren also wirklich zuvor die Weldihusen Inhaber des Haupthofes, so sind sie es seit dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts nicht mehr gewesen. Erst von 1583 an finden sich in den Schatz- und Zinsregistern des Amtes Springe wieder zwei Männer des Namens Weldihusen genannt, ein Hans und ein Kord. jener von 1583 an. Er ist 1585 vierzig Jahre alt und in Hilligsfeld geboren, also von dort nach Welliehausen, dem ehemaligen Ursprungsort der Familie, zurückgewandert, wo er als Kötter 7 Morgen Rottland vom Hause Springe und einen von Münchhausenschen Morgen beackert. Bis 1595 wird er in den Listen aufgeführt (10). Er ist es wohl auch der 1601 und 1605 von der Stadt Hameln eine Bestallung als Holzförster angenommen hat, den Süntel zu bewahren, zunächst ein halbes Jahr auf Probe mit 4 Talern Besoldung. Am 18. Januar 1601 wurde er vereidigt. Am 24. Juni 1605 wurde er wiederum vereidigt, als Aufseher den Süntel zu verwahren, mit 7 Taler jährlichem Gehalt auf vierteljährige Kündigung (11). Beide, Hans und Kord, werden in der Musterrolle von 1602 in Welliehausen mit einer Hellebarde und einem Degen aufgeführt. Kord ist wohl des vorigen Sohn, er erscheint seit 1596 mit demselben Besitz und derselben Kornabgabe, wie vorher Hans, und wird bis 1621/22 im Kornregister des Amtes Springe geführt. Von hier ab sind einige zwanzig Jahre lang keine Weldihusen nachweisbar. Erst 1643 wird wieder ein Kord bis 1671, 1644 ein Henrich, 1645 ein Beibauer Jochim Wellihausen bis 1673 genannt. Heinrich wird 1651 und bis 1654 als Ackersmann aufgeführt und 1654 als Vollmeier. Heinrich ist also wohl der Nachfolger des Vollmeiers Herman Dreier gewesen. Als solcher wird er bis 1673 genannt. Neben ihm erscheinen in den Amtsregistern 1654 bis 1658 ein Beibauer Johann Wellihausen, von 1657 bis 1684 ein Kötter Adam, dem dann ein Jürgen Wellihausen folgt und von 1659 bis 1673 ein Kurd Wellihausen, der von 1662 an als Schäfer des Vollmeiers anzusprechen sein wird (12)

Mit dem Jahre 1674 wird als Vollmeier genannt Harmen Wellihusen, dessen Name schon 1669 und 1671/72 erscheint. 1675 wird er als Vollmeier und Schafmeister bezeichnet und hat einen Knecht Heinrich Wellihusen, einen Schäfer Bernd Fiene mit Frau und einen Leibzüchter mit Frau im Hause. Genauer findet sich der Personenstand seines Haushaltes in der Kopfsteuerliste von 1689 angegeben. Wir erfahren, daß der Vollmeier 48 Jahre alt ist und 52 Morgen besitzt. Seine Frau Anna Senke ist 40 Jahre alt. Sie steht im Kirchenbuch bei der Trauung 1671 als Anna Dorothea Senke, im Sterbeverzeichnis als Anna Dorothea Senking verzeichnet. Des Vollmeiers Sohn Heinrich ist 16 Jahre alt. Seine vier Töchter Anna Margarete, Katharina, Lisabet und Engel werden als 14, 12, 9 und 6 Jahre alt aufgeführt. Ein Junge Johann Krumfuß ist 8 Jahre alt; ein Häusling Johann Wigand, Schäfer, 28 Jahr, mit Frau und zwei Söhnen; ein Holzknecht Anton Rosemeier 34 Jahre alt mit Frau und zwei Kindern. - Unter den Köttern wird in jener Kopfsteuerliste ein Harm (Herman) Wellihusen, 30 Jahre alt, aufgeführt, mit 4 Morgen Land. Er hat bei sich seine Frau Elisabeth Wiegmann, eine Tochter und den Leibzüchter Adam Wellihusen, 60 Jahre alt, und dessen Frau Katharina Wedekind (13). Sozial gliederte sich in jener Zeit, z.B. bei der Huldigung für den Herzog Ernst August im Jahre 1680, die Einwohnerschaft in einen Vollmeier, 4 Halbmeier, 7 Kötter, 4 Beibauern und einige Häuslinge (14).

Der Vollmeier Harmen Wellihusen wird übrigens in den Akten des Amtes Springe als einer der Anführer genannt, die die Dienstpflicht während der Ernte und der Saatzeit verweigerten (15). Er ist am 24.Dezember 1717 im Alter von 72 Jahren gestorben.

Statt der nur zum Teil erhaltenen Amtsregister setzen nun für die Ermittelung der Nachkommen dieser Vollmeierfamilie die Kirchenbücher der Pfarrei Holtensen ein. Der dortige Pfarrer Steltzner hat bereits um das Jahr 1800 eine bis zu seiner Zeit reichende Stammreihe der Besitzer des Vollmeierhofes aufgestellt die dann vom jetzigen Herrn Pfarrer Landwehr in Holtensen bis auf unsere Tage fortgeführt und gütigst zur Verfügung gestellt worden ist. Daraus ist zu entnehmen, daß dem Vollmeier Harmen Wellihusen dessen Sohn Henrich Welhusen, geboren den 5. Februar 1672, im Besitze des Hofes gefolgt ist (16). Er heiratete am 3. Februar 1707 Marie Meier aus der Pötzener Landwehr, hatte 8 Kinder und starb am 19. November 1742. Sein am 30. Januar 1716 geborener Sohn Hans Kord folgte ihm im Hofe und heiratete am 30.Oktober 1744 Elisabet Magdalene Tuchtfeld aus Tündern. Auch er hatte 8 Kinder und starb am 4. April 1761.

Karl Wilhelm Welhusen, der älteste am 18.Oktober 1745 geborene Sohn wurde der Nachfolger des Vaters. Er heiratete Sophie Luise Welhusen aus Pötzen, deren Vater Johann Hermann Welhusen ein Sohn des oben genannten Heinrich Welhusen gewesen ist. Von den 7 Kindern folgte dem am 15. Juli 1814 verstorbenen Vater der am 25. Dezember 1789 geborene Sohn Karl Justus Wellhausen, der am 9. August 1814 Marie Dorothea Lohmann von der Holtenser Warte geheiratet hat. Von den 9 Kindern hat der Sohn Heinrich Friedrich Christian, geboren am 6. Juli 1820, den Hof des Vaters, der am 23. Januar 1858 gestorben ist, geerbt. Dieser Heinrich Friedrich Christian war der letzte seiner Linie. Von seiner Frau Hanna Dorothea Karoline Lücke aus Kleinberkel bei Hameln, die er am 19. Juli 1849 geheiratet, hatte er nur vier Töchter. Als er am 18. Mai 1872 gestorben war, heiratete seine am 18. Januar 1853 geborene zweite Tochter Hanna Wilhelmine Elise am 23. Juli 1874 den Heinrich Karl Wilhelm Hupe, den am 8. November 1849 geborenen Sohn des Halbmeiers Christian Hupe zu Welliehausen Nr.6. Seitdem sind die Höfe 1 und 6 vereinigt, die seit dem am 9. Juli 1920 erfolgten Tode des Vaters der am 20. Dezember 1876 geborene Sohn Heinrich Christian Friedrich Hupe besitzt. Ist zwar die bisherige eigentliche Vollmeierlinie Wellhausen ausgestorben, so sind doch von der Familie selbst noch Nachkommen vorhanden. Mehrere der zahlreichen Söhne der früheren Vollmeier sind in die Nachbarschaft, vermutlich nach Holtensen und Pötzen, verzogen. Und in Welliehausen selbst sind auch jetzt noch Nachkommen jener Linie wohnhaft. Der jetzige Kötter Friedrich Wellhausen (von Nr.11) ist ein Ururenkel des oben genannten Vollmeiers Hans Kord Welhausen, dessen Sohn Anton Wilhelm eine Beibauerstelle in Holtensen durch Heirat erworben hatte. Ein Enkel von diesem Anton Wilhelm erwarb ebenfalls durch Heirat die Kötterstelle Nr.12 in Welliehausen, dessen Sohn Friedrich die Stelle Nr.11 durch Kauf erwarb. Auch die Inhaber der Kötterstellen Nr.7 und Nr.13 sind Nachkommen früherer Inhaber des Vollmeierhofes.

Neben diesem Vollmeierhofe Nr.1 gibt es zur Zeit noch in Welliehausen 5 Halbmeierhöfe, 7 Kötter- und 5 Beibauerstellen und 15 sogenannte Anbauer- oder Häuslingstellen. Nur die erstgenannten 18 Stellen haben Teil an der gemeinsamen Forst und sind dann durch die Aufteilung und Zuteilung der gemeinen Mark erheblich vergrößert worden. Während noch gegen Ende des 17. Jahrhunderts der Vollmeierhof 52 Morgen Land umfaßte, gehören heute 120 Morgen Land dazu, und selbst die Halbmeierstellen sind heute so groß, wie früher der Vollmeierhof. Die Welliehausener Flur umfaßt heute, abgesehen von dem gemeinsamen Forst, 561 Morgen.

Anmerkungen:
  1. Hann.Des.113 L 11 24c Nr.3.^
  2. Wie solch ein Vorgang sich abspielt, dafür möge hier ein Beispiel angeführt werden, das sich zufällig anknüpft an einen Ort, der ebenfalls Welliehausen heißt und im braunschweigischen Gebiet bei Bremke im Kirchspiel Harderode gelegen ist. Dort wohnte Ende des 16. Jahrhunderts ein Ackersmann, der am 6. Mai 1596 in einem Streite Lippe gegen Gleichen wegen eines Hofes zu Dedelmissen als Zeuge vernommen wurde. Er sagte damals aus: er heiße Heinrich Heinekink oder Wellihausen, wohne zu Wellighausen bei Brembecke und sei ein Ackersmann. St.-A. Detmold, Pyrmont Rep. XLVI 2 Fol. Bd. 1 Nr. 2. Nach einer Auskunft des Pfarramtes in Harderode, die wohl auf den Bau- und Kunstdenkmälern des Kreises Holzminden, bearbeitet von Steinacker, Wolfenbüttel 1907, fußt, ist die Siedelung zuerst 1625 als einstelliger Hof erwähnt. Das Landesarchiv zu Wolfenbüttel hat mitgeteilt, daß sich Träger des Namens Welliehausen unter den Besitzern des Hofes nicht befinden.^
  3. St.-A. Marburg, Handschrift: Directorium super bona in Mollenbeke 1465.^
  4. St.-A. Hannover, Depositum Hameln, Hdschr. Nr.14. Ein Hamelsches Pfund Pfennige = 6 Mariengroschen 5 1/3 Pfennig. Sprenger, Gesch. von Hameln. 2.Aufl. S.159^
  5. St.-A. Hannover, Depositum 12 (Münder) I 4 Bl.11.^
  6. Kal.Br.Des.16 B 12 Nr.3.^
  7. Kal.Br.Des.19 X Nr.73. Er liefert an Asche von Mandelsloh jährlich 3 Malter Korn. 1582 wird er nicht mehr genannt.^
  8. Kal.Br.Des.19 X Nr.109 und Kal.Br.Des.22 X Nr.14 Bd.2.^
  9. Hann.Des.76c B b 37 (Springe), Dienstgeldregister.^
  10. Kal.Br.Des.22 X Nr.14 Bd.2 und Hann.Des.76c B b 37 Schatzregister 1587 ff.^
  11. Stadtarchiv in Hameln, Knechtebuch.^
  12. Hann.Des.76c B b 37; Kal.Br.Des.19 XI E Nr.10 Bd.2; Des.22 X Nr.84, Bd.1.^
  13. Hann.Des.76c B b 37; Kal.Br.Des.19 XI L Nr.5 Bd.4; XI B Nr.36 und 39.^
  14. Kal.Br.Des.22 X Nr.84 Bd.1.^
  15. Hann.Des.74 Springe, Dom.-S. V C e Nr.12. über jene Bewegung geben die Akten aus der Zeit von 1720 für Welliehausen einige Auskunft. Der Bauermeister und Vollkötter Johann Herman Wel@ihusen hatte die Herrendienste unrichtig bestellt und war mit 10 Groschen bestraft worden. Bestraft wurden wegen Fortbleibens vom Roggenmähen, weil sie den dritten Tag nicht leisten wollten, Heinrich und Johann Herman Weilihusen. Weiterhin sind dann die Vollkötter Johann Herman, Hinrich, Hans und Kord Wellihusen wegen Fortbleibens vom Dienste mehrfach bestraft worden Ebenda Nr. 11.^
  16. Von hier an setzt mit der Kirchenbuchführung die Namensform Welhusen und Wellhausen ein, vermutlich nicht ohne und Regelung durch den Pfarrer.^